Wir bei Frosch


Adiós Corona-Tristesse: der Frosch-Chef auf Fuerteventura
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Ich hatte mich so richtig eingemummelt in diesen Kokon aus Lethargie und Mattigkeit. 

Die Tage und Wochen vergingen nahezu gleichförmig, untermalt durch die ständige Sorge um die Zukunft meiner Firma. Seit 3 Monaten sehe ich fast nur die eigenen vier Wände, seit fast einem Jahr drehen sich die Diskussionen von Bund und Ländern fast unverändert um das Gleiche: den Lockdown. Soll er verschärft, beibehalten oder geöffnet werden. Die Inzidenz von 50, plötzlich unvermittelt 35, wird wie eine Monstranz in die Höhe gehalten. Strategien zum Schutz der alten Menschen, Digitalisierung von Schulen und Gesundheitsämtern, Einsatz massenhafter Schnelltests auch für zu Hause – eher Fehlanzeige.

Der schleppende Einkauf des heilbringenden Impfstoffes gerät zum Desaster. Die Einschränkung der Mobilität und elementarer Grundrechte erscheint praktisch als einziges Mittel der Wahl. Der Innenminister will den Flugverkehr „nahezu auf null“ bringen und Frau Merkel verkündet: „Jeder sieht ein, dass es nicht die Stunde ist, in der wir jetzt reisen“. Tut mir leid, aber das sehe ich nicht so.

Der Impuls.

Auslöser ist ein Telefonat mit Stefanie, unserer Yogalehrerin. Sie ist auf Lanzarote im Home-Office, gibt Yogakurse über Video, plant ein Yoga-Retreat für Frosch im Sommer und freut sich des Lebens. Das heißt, sie sitzt auf ihrer Sonnenterrasse, schaut aufs Meer und genießt das Arbeiten in überaus angenehmer Umgebung. Ich gönne es ihr von Herzen, bin aber auf einmal hellwach und fasse den Entschluss, auf die Kanaren zu fliegen, mit der Familie! Adiós Corona-Tristesse! Wenigstens für ein paar Tage.

Die Vorbereitung. 

Wir checken die formalen Voraussetzungen: Wo, wie und wann können/müssen wir uns testen lassen, welche Einreiseformulare brauchen wir, Quarantäne ja oder nein (je nach Bundesland) und wenn ja, wie lange? Wie Laborratten in einem Labyrinth muss man sich den Weg durch die Bestimmungen suchen! Aber wir haben den Ehrgeiz, alles richtig zu machen, und hat man erst mal die wichtigsten Seiten im Internet gecheckt, ist das auch gar nicht so schwer! 

Seit dem 20.12.2020 gilt Fuerteventura als Risikogebiet. Das bedeutet, wir brauchen einen PCR Test bei der Einreise und eine Einreiseanmeldung bei der Ausreise. Nach der Landung in Deutschland müssen wir uns in zehntägige Quarantäne begeben, die allerdings ab dem 5. Tag durch ein negatives Testergebnis beendet werden kann. Überall ist das so – nur nicht in NRW! Das ist unser Glück. Wir lassen uns nicht abschrecken, wir fliegen!

Wir holen uns also einen Termin für den PCR-Test, mitten auf der Reeperbahn und als Gurgeltest durchgeführt. Anmeldung, Testen und Ergebnis – alles geht einfach, schnell, unkompliziert und kostet nur 25,- pro Person. Dann buchen wir die Flüge, mieten ein Auto auf der Insel und buchen ein preiswertes Appartement in El Cortillo, im Nordwesten von Fuerte, direkt am Strand Playa de Los Lagos.

Überrraschung. 

3 Tage vor unserem Abflug werden die Kanaren zum Hochrisikogebiet erklärt, mit über 200 Inzidenzen pro 100.000 Einwohnern! Doch lieber zuhause bleiben? Auf keinen Fall! 

Die tatsächliche Inzidenz auf Fuerteventura liegt zu diesem Zeitpunkt bei etwa 55, in Deutschland dagegen bei über 110. Wieso also Hochrisikogebiet? Ganz einfach: Das RKI wirft ganz Spanien und damit auch die ca. 1.000 km vom Festland entfernten, mitten im Atlantik gelegenen Kanaren in einen Topf. So werden Fuerte und beispielsweise die komplett coronafreien Inseln La Palma und La Gomera zum Hochrisikogebiet. Bedeutet für uns: Wir brauchen einen zweiten PCR Test kurz vor dem Rückflug. Bitteschön!

Adiós – Corona-Tristesse. 

Alles läuft glatt und unkompliziert. Im Flugzeug das absolute Sicherheitsgefühl: Nur 50 von 180 Plätzen sind belegt, routiniertes Ein- und Ausschecken unter den bekannten Sicherheitsbedingungen, hocheffizientes Belüftungssystem und um uns herum nur Menschen mit negativem Corona-Test. Das Ansteckungsrisiko liegt vermutlich im nicht messbaren Bereich. 

Wir landen mittags, zeigen Testergebnis und Einreiseformular vor und schon sitzen wir im Mietwagen und überlegen, wie wir wohl diese karge Landschaft finden sollen. Liebe auf den ersten Blick ist es nicht. Was uns sofort gefällt, ist der Strand von El Cortillo, ganz zu schweigen vom blauen Himmel und der Sonne! 

Wir parken das Auto, schmeißen die Winterklamotten weg und eilen in die Strandbar. Draußen sitzen, Tapas essen und Bier trinken (genaugenommen war es Radler oder Clara, wie wir belehrt werden) – wir freuen uns, als wären wir frei gelassen worden. Meine Frau und Tochter testen sofort ihre neuen Lockdown-Skills: Spanisch ...! Also alles herrlich – La pura vida.

Die Regeln. 

Natürlich gibt es auch auf Fuerteventura Regeln: In Gebäuden und den Gassen Maskenpflicht, am Strand optional, wenn Sicherheitsabstände nicht eingehalten werden können (das geht aber mit Leichtigkeit), im Restaurant dürfen nicht mehr als 5 Leute an einem Tisch sitzen, Maskenpflicht nur für den Service. Damit können wir sehr gut leben. Die Regeln werden eingehalten und auch kontrolliert. Zweimal hält mich die Polizei beim Spaziergang in El Cortillo an und erinnert freundlich und bestimmt an die Maskenpflicht.

Der Ort. 

El Cortillo ist ein kleiner Fischerort an der Nord-Westküste von Fuerteventura. Nicht ganz selbstverständlich für die Kanaren ist die sehenswerte Altstadt. Niedriggeschossige, hübsche Häuser, enge Gassen, mehrere nette Restaurants und eine atemberaubende Lage über dem Meer machen El Cortillo aus.

Der neue Teil ist so, wie man das kennt: einige gesichtslose Appartementhäuser, Supermärkte, aber auch einige sehr nette Anlagen direkt am Strand. Die Szene wird bestimmt von Wellenreitern und Kitesurfern, vielen jungen Aussteigern und Wohnmobilisten, die tagsüber den Wellen nachfahren, nachts erstaunlicher Weise auf ihren sehr naturnahen Parkplätzen toleriert werden. Im Windschatten dieser jungen Szene sind nette Restaurants, Kneipen und auch eine wirklich gute Bäckerei entstanden und natürlich viele Surf- und Bikeshops (an dieser Stelle ein großes Dankeschön an Anne vom Riders Surf 'N Bikeshop, die uns drei Top-Mountainbikes zur Verfügung gestellt hat!!).

Wohnen. 

Wir haben ein Ein-Zimmer-Appartement in Strandnähe gemietet. Unsere Tochter schläft auf der Couch im Wohn-/Esszimmer mit Küchenzeile und Zugang zum sonnigen Süd/West-Balkon, dem eigentlichen Esszimmer. Die Einrichtung ist wie immer in diesen Appartements, einfach und zweckmäßig, was in unserem Fall bedeutet, dass kein Topf zum Deckel passt und die Herdplatten nur nach gutem Zureden heiß werden. Aber egal, wir sind schließlich nicht zum Kochen gekommen! 

Überquert man eine kleine Straße, die zu den Surfstränden im Norden führt, gelangt man zum feinen, weißsandigen Strand. Zwei Lavafelder mit den typischen schwarzen Steinen ragen ins Meer hinaus und wirken als natürliche Wellenbrecher. Dadurch bildet sich eine kleine Lagune, ein perfekter und ungefährlicher kleiner See im Meer, mit Aussicht auf das faszinierende Spektakel aus Brandung und Gischt.

Biken. 

Fuerteventura verbindet man normalerweise mit sehr schönen Stränden, einem aufregenden Meer und einer wüstenähnlichen Landschaft ohne Vegetation. Also ein Paradies nur für Wassersportler? Stimmt nicht ganz. Auch für Biker ist Fuerte sehr interessant. 

Wir sind viel Schotterstrecken gefahren, meist durch schöne Dünenlandschaften oder direkt entlang der imposanten Steilküste. Die erloschenen Vulkane halten anspruchsvolle Anstiege auf Singletrails bereit, es gibt kleine Barancos mit von Wind und Wasser geformten Sandskulpturen, weite Ausblicke und manchmal verwandeln Flechten und Moose die rostroten Berge in ein grünes Feld. Speziell abends taucht das Licht die Landschaft in ein ganzes Spektrum von Braun- und Rottönen. Fuerte ist sicherlich nicht Liebe auf den ersten Blick, lauschige Mittelmeerromantik sucht man hier vergeblich, aber das raue Land und seine imposante Küste nimmt uns Tag für Tag mehr für sich ein.

La Pura Vida. 

Die Tage auf Fuerteventura wirken wie eine Befreiung. Befreiung von dem Drinnen-Sein, den ewig gleichen vier Wänden und einer Routine, die keine Richtung hat, weil wir nicht wissen, wie es weitergeht. Das Gefühl in einem dunklen Tunnel herumzutappen, ist für eine Zeitlang vorbei. Wir sind fast nur draußen, sind auch bei starkem Wind mit dem Bike unterwegs und selbst an dem einzigen Regentag wandern wir. Am Ende der 10 Tage können wir 4 Biketouren, 3 Wanderungen, 4 Joggingläufe, kleine Schwimmeinheiten und ein ganz wenig Yoga und Gymnastik in unser Sporttagebuch eintragen. Wir genießen, wieder in Restaurants zu essen mit Tapas, Fisch und frisch gezapftem Bier! Vermutlich werde ich mich aber an dieses Ritual am meisten erinnern: Allabendlich pilgern wir mit einem Ankerbier auf unsere felsige Landzunge aus schwarzem Lavagestein, lassen die Wellen gegen die Steine donnern und dabei die Sonne untergehen.

Fazit. 

Schlechtes Gewissen? Kein Stück. Wir haben eines unserer Grundrechte wahrgenommen und weder uns noch andere gefährdet. Zweimal haben wir uns testen lassen, haben Masken getragen und uns an die Regeln gehalten. Was ich mir wünsche, ist mehr Differenzierung bei den Maßnahmen und eine Strategie, die nachvollziehbar ist. Hier geht es um Maß und Verhältnismäßigkeit. Es geht auch darum, dass Reisen wieder das wird, was es ist: ein kleines Stück Glück und Freiheit und, wenn’s gut läuft, von Inspiration und erweitertem Horizont. Hat sich unser Aufwand gelohnt? Unbedingt. Ich fühle mich wieder lebendig, weniger müde und sehe wieder ein kleines Licht am Ende des Tunnels. Auch ein Entschluss ist in mir gereift: Noch in diesem Winter werden wir wieder einige unserer Sportclubs für den Wintersport öffnen!